Im modernen Handel entscheidet die Anbindung. Wer bei den großen Playern – ob Amazon, Zalando, Rewe oder Lidl – gelistet sein will, muss deren Sprache sprechen. Und diese Sprache ist fast immer EDI (Electronic Data Interchange). Bestellungen, Rechnungen und Lieferavise müssen digital, standardisiert und vollautomatisch ausgetauscht werden.
Doch hier beginnt die eigentliche Herausforderung. Nur weil zwei Unternehmen denselben EDI-Standard (wie EDIFACT) nutzen, heißt das noch lange nicht, dass sie sich verstehen. Was passiert, wenn Ihr ERP-System die „Bestellmenge“ in Feld A erwartet, Ihr Handelspartner sie aber in Feld B sendet?
Genau hier, im „Maschinenraum“ der B2B-Integration, findet der entscheidende Prozess statt: das EDI-Mapping.
Das Wichtigste in Kürze
- Was ist Mapping? EDI-Mapping ist der „Übersetzungsprozess“, der die Datenstruktur eines Senders (z. B. eine EDIFACT-Bestellung von Kunde A) in die Datenstruktur des Empfängers (z. B. das SAP-IDoc-Format Ihres ERP-Systems) überführt.
- Das Kernproblem: Kein Mapping gleicht dem anderen. Jeder große Handelspartner hat eigene Richtlinien („Mapping Guidelines“), wie der Standard-EDI-Beleg genau zu befüllen ist.
- Die Lösung: Moderne Integration setzt auf visuelle Mapping-Tools und spezialisierte Dienstleister, um diese Komplexität zu beherrschen und das Onboarding neuer Partner von Monaten auf Tage zu verkürzen.
Der „Übersetzer“ im Hintergrund: Was Mapping leistet
Stellen Sie sich EDI-Mapping am besten als einen hochpräzisen, digitalen Dolmetscher vor.
Ihr Unternehmen nutzt ein Warenwirtschaftssystem (ERP), sagen wir SAP. Sie erwarten eine eingehende Bestellung im SAP-eigenen IDoc-Format. Ihr Kunde, ein großer Baumarkt, sendet aber eine Bestellung im EDIFACT-Standard (genannt „ORDERS“).
Das Mapping ist nun die Brücke, die Feld für Feld übersetzt:
- Das Feld
NAD+BY(Buyer/Käuferadresse) im EDIFACT-Beleg wird auf das korrekte Adressfeld im SAP-IDocE1EDKA1gemappt. - Das Feld
QTY+21(Bestellmenge) wird auf das Mengenfeld im IDocE1EDP20gemappt. - Und so weiter.
Dieser Prozess muss für jeden einzelnen Partner (jeden Kunden, jeden Lieferanten) und für jeden Belegtyp (Bestellung, Rechnung, Lieferavis) exakt definiert werden.
Die Tücken des Handels: Warum „Standard“ nie Standard ist
Im Commerce-Umfeld liegt die Komplexität im Detail. Die größten Hürden für eine reibungslose Integration sind:
- Partner-Spezifika (Compliance): Obwohl alle „EDIFACT“ nutzen, hat jeder Händler eigene Wünsche. Rewe verlangt die USt-IdNr. vielleicht in einem anderen Segment als Edeka. Amazon erwartet spezifische Referenznummern für das Logistikzentrum. Ihr Mapping muss all diese individuellen Anforderungen abbilden.
- Laufende Updates: Ihr Handelspartner ändert seine Logistikprozesse und aktualisiert seine „Mapping Guidelines“. Jetzt müssen Sie Ihr Mapping anpassen, sonst laufen die Bestellungen auf Fehler.
- Ressourcen-Falle: Wer versucht, Dutzende Mappings intern „von Hand“ zu programmieren und zu pflegen, bindet extrem teure IT-Ressourcen. Diese Fachkräfte fehlen dann bei der Optimierung des Online-Shops oder der Customer Experience.
Modernes Mapping: Vom starren Code zur agilen Plattform
Früher war Mapping ein starrer Programmier-Job. Heute ist das der Flaschenhals für agilen Handel. Wenn die Anbindung eines neuen, wichtigen Marktplatzes sechs Monate dauert, ist der Marktvorteil dahin.
Moderne Integrationsplattformen haben diesen Prozess revolutioniert. Statt Code zu schreiben, nutzen Integrations-Spezialisten visuelle „Mapper“. Sie ziehen die Felder per Drag-and-Drop vom Quellformat ins Zielformat.
Der Schlüssel zum Erfolg ist die richtige Software und Strategie. Modernes EDI Mapping ist heute keine Programmieraufgabe mehr, sondern ein visueller Prozess, der durch Bibliotheken (vorhandene Partner-Mappings) und KI-Vorschläge unterstützt wird.
Strategien für reibungslose Integration
Für Handelsunternehmen gibt es drei Kernstrategien, um das Mapping-Chaos zu beherrschen:
- Zentralisierung: Nutzen Sie eine zentrale EDI-Plattform (einen Konverter). Vermeiden Sie Insellösungen, bei denen jede Abteilung ihre eigenen Mappings baut.
- Testen & Validieren: Kein Mapping darf „live“ gehen, ohne intensiv mit dem Partner getestet worden zu sein. Ein Fehler im Mapping einer Rechnung kann zu Tausenden von Zahlungsverzögerungen führen.
- Managed Services (Outsourcing): Die strategischste Frage lautet: Ist „Mapping“ Ihr Kerngeschäft? Spezialisierte EDI-Dienstleister übernehmen das komplette Mapping und die laufende Pflege als Service. Ihr Team meldet nur: „Bitte Partner X anbinden“ – der Rest wird erledigt.
Fazit: Mapping als strategischer Erfolgsfaktor
Reibungslose Integration im Handel ist kein Zufall. Sie ist das Ergebnis eines professionellen EDI-Mappings.
In der Vergangenheit war Mapping ein IT-Problem. Heute ist es ein Business-Enabler. Die Geschwindigkeit und Fehlerfreiheit Ihres Mappings entscheiden darüber, wie schnell Sie neue Vertriebskanäle erschließen und wie stabil Ihre digitale Lieferkette läuft.
